Thema des Monats Januar 2020

älteres paar trainiert mit hanteln

Sarkopenie – Muskelabbau

Sarkopenie bedeutet Verlust des Fleisches. Hauptsächlich die grossen kräftigen Muskeln gehen dabei verloren. Muskelabbau lässt sich jedoch durch regelmässige Bewegung aufhalten und sogar umkehren – egal in welchem Alter!

Wie gut ein Patient nach einer schweren Operation oder Verletzung wieder auf die Beine kommt, hängt ganz entscheidend von seiner körperlichen Fitness und seinen Muskelreserven ab. So verkraften sportliche Senioren grössere Eingriffe oder umfangreiche Therapien wie eine Chemotherapie in der Regel besser als deutlich jüngere Untrainierte. Wer eine Woche ans Bett gefesselt ist, verliert 20 bis 25 Prozent seiner Muskelmasse. Und es dauert mindestens sechs Wochen, bis diese bei regelmässigem Training wiederaufgebaut ist. Mediziner sprechen bei einem Verlust von Muskelmasse und -kraft auch von einer Sarkopenie. Seit Kurzem ist diese eine anerkannte Erkrankung.

Muskelmasse nimmt im Alter ab

Ab dem 30. Lebensjahr baut der Mensch bis zu ein Prozent Muskeln pro Jahr ab. Die Muskeln werden nach und nach in Fett umgewandelt. Ohne Sport büsst ein Mensch bis zum 80. Lebensjahr bis zu 40 Prozent seiner Muskelmasse ein. Mit 100 hat sich die Muskelmasse dann um 70 Prozent reduziert. Und das hat Folgen für den gesamten Organismus: Weniger Muskelmasse bedeutet, dass Stoffwechsel und Energieverbrauch heruntergefahren werden. Daraus resultieren ein verringerter Appetit und eine reduzierte Nahrungsaufnahme. Die Folge: Betroffene werden noch schwächer, sie bewegen sich weniger – und die Muskelmasse geht noch weiter zurück. Die Gefahr von Stürzen und Knochenbrüchen nimmt zu.

Muskelabbau lässt sich stoppen

Die gute Nachricht ist, dass sich der Muskelabbau durch regelmässige Bewegung aufhalten und sogar umkehren lässt – egal in welchem Alter. Allerdings reicht ein Spaziergang nicht aus. Die Muskeln müssen durch Ziehen, Drücken oder Heben angesprochen werden. Die Muskulatur muss also gezielt trainiert werden, damit sie sich nicht weiter reduziert. Betroffene sollten dabei an ihre Grenzen gehen. Experten gehen davon aus, dass 140 bis 150 Minuten Training pro Woche nötig sind, um Kraft aufzubauen – entsprechend fünf Mal 30 Minuten Training.

Bewegung verringert das Sterberisiko

Statistiken belegen: Bei regelmässiger körperlicher Aktivität verringert sich das Sterberisiko um 65 Prozent. Doch bevor sie trainieren, sollten sich ältere Menschen auf jeden Fall gründlich untersuchen lassen, um Risiken auszuschliessen und das individuell abgestimmte Training so effektiv wie möglich zu gestalten. Sportmediziner ermitteln dafür durch einfache Messungen den Muskelanteil des Körpers. Schon die Kraft bei einem Händedruck kann Rückschlüsse auf die gesamte Körperkraft geben. Dazu wird auch ein Greifstärkemesser (Dynamometer) eingesetzt. Mit einem einfachen Krafttest kann der Arzt prüfen, wie lange der Patient braucht, um fünf Mal von einem Stuhl aufzustehen. Benötigt er mehr als zehn Sekunden, ist ein Training angezeigt. Auch ein Massband kann Aufschluss geben: Hat der Unterschenkel eines Erwachsenen einen Umfang von unter 31 Zentimetern, kann dies ein Anzeichen für eine Sarkopenie sein.

Einfache Übungen für den Alltag

Ist die Hürde, ins Fitnessstudio zu gehen, für den Patienten zu hoch, raten Mediziner, Trainingseinheiten in den Alltag einzubauen. Es hilft, tägliche Rituale wie zum Beispiel das Fernsehschauen mit Übungen zu verknüpfen. Diese müssen individuell auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt sein.

Beispiel-Übungen für über 60-Jährige:
auf den Zehenspitzen stehen
zwei Treppenstufen auf einmal nehmen
Objekte (Stein, Blatt) beim Spazierengehen überspringen
Balanceübungen

Beispiel-Übungen für über 70-Jährige:
Tandemstand (ein Fuss vor dem anderen)
Tandemgang
Kniebeugen
Einbeinstand

Im Fitnessstudio

Gezielter lassen sich die Muskeln im Fitnessstudio aufbauen. Hier kann mit einem angepassten Training an ausgesuchten Kraftmaschinen, individuell trainiert werden. Schon ein regelmässig zweimal wöchentliches Training kann Wunder bewirken.

Sehr empfehlenswert ist dabei eine Kombination mit einem Beweglichkeitstraining, wie z.B. mit der five-Methode. Hier werden die Muskeln mittels Einbaus von Sarkomeren auf Länge trainiert.

Ergänzt mit ausdauernden Bewegungen im Alltag (Z.B. Treppenlaufen, zügig spazieren, Gartenarbeit) und Outdoor Trainingseinheiten wie schwimmen, wandern, laufen oder radfahren kann der Körper umfassend gesund erhalten werden.

Eiweissreiche Nahrung unterstützt den Muskelaufbau

Neben dem regelmässigen Training spielt die Ernährung eine wichtige Rolle: Eiweissreiche Lebensmittel unterstützen den Muskelaufbau. Laut Experten benötigen ältere Menschen rund 25 Prozent mehr Eiweiss als jüngere, um Knochenstruktur und Muskulatur zu erhalten. 1 bis 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht sollten täglich verzehrt werden. Optimal ist es, die Eiweisszufuhr auf die drei Hauptmahlzeiten zu verteilen, denn maximal 30 Gramm Protein pro Mahlzeit kann der Körper effizient zur sogenannten Muskelproteinsynthese verwerten.

Beispiele, wie viel Eiweiss in verschiedenen Nahrungsmitteln steckt:
1 Ei: 8 Gramm Eiweiss
1 Becher Joghurt: 4 Gramm
1 Scheibe Gouda: 9 Gramm
1 Schnitzel: 33 Gramm

Allerdings spielt nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität des Proteins eine wichtige Rolle. Besonders gut sind Molkeproteine, die wichtiger Bestandteil der Milch sind. Diese Proteine haben einen hohen Leucingehalt. Die essenzielle Aminosäure ist wichtig für den Muskelaufbau. Leucin ist zum Beispiel auch in Rind- und Geflügelfleisch, Lachs, Erbsen oder Walnüssen enthalten.

Vitamin D wichtig für Muskelstoffwechsel

Für den Muskelstoffwechsel spielt auch Vitamin D eine wichtige Rolle. Um dieses zu produzieren, benötigt der Körper Sonnenlicht. Rund 60 Prozent der Mitteleuropäer leiden in den Herbst- und Wintermonaten unter Vitamin-D-Mangel. Hinzu kommt, dass bei älteren Menschen die Biosynthese des Vitamins in der Haut verzögert ist. Experten empfehlen deshalb die Einnahme von mindestens 800 IE (internationalen Einheiten) Vitamin D pro Tag.

Quellen: Netzwerk Altersforschung Heidelberg / NDR Ratgeber Gesundheit

Stephan Hodel