Thema des Monats Mai 2018

Eiweiss: wie viel nehmen wir auf?

Wer auch nur einen Fuss in ein Fitnessstudio gesetzt hat, der wird ziemlich rasch mit folgender Thematik konfrontiert: Eiweiss, Protein, Shakes, Aminosäuren etc. Ein unumgängliches Thema wenn man sich mit Sport und Ernährung auseinandersetzt und viele greifen rasch zu diesen Nahrungsergänzungsprodukten. Beispielsweise Eiweissshakes oder Aminosäurenpräparaten. Gerade der ambitionierte Sportler ist bestrebt eine ordentliche Menge von diesem Makronährstoff aufzunehmen um bestmögliche Leistungen und Resultate zu erreichen. Die Frage die sich hierbei stellt ist jedoch: wie viel ist denn überhaupt notwendig und muss die Eiweisszufuhr in einem bestimmten Rhythmus erfolgen oder ist das nicht wichtig?

Ein oft gehörtes Statement in dieser Thematik ist: „Du sollst nur eine Menge X Eiweiss zu dir nehmen, weil dein Körper nur eine Menge X pro Mahlzeit aufnehmen kann.

Dieser Mythos lässt sich leicht entlarven. Angenommen, man hat einen funktionierenden Verdauungstrakt, ist die Absorption von Aminosäuren in unserem Dünndarm sehr effizient. Würde unser Verdauungstrakt nicht den Grossteil von dem aufnehmen, was wir essen, hätten wir dauernd Durchfall. Ausserdem wäre es aus einem evolutionärem Standpunkt ein total irrationales Verhalten unseres Körpers. Vor tausenden von Jahren war es den Menschen nicht möglich drei bis viermal täglich zu essen. Sofern Essen vorhanden war, beschränkte sich die Mahlzeitenfrequenz gerne mal auf einmal am Tag. Hätte da der Körper nicht aufgenommen, was ihm angeboten wurde, wären wir schon längst ausgestorben.

Es ist festzuhalten, dass der Körper die Fähigkeit hat, einen grossen Teil der zugeführten Aminosäuren aufzunehmen. Die Problematik aus der dieser Mythos entstammt, bezieht sich auf die Aminosäurenverwendung. Selbst wenn wir 100% der Aminosäuren aufnehmen, die wir unserem Körper zuführen, wird nur ein geringer Teil davon für den Muskelaufbau verwendet. Ein grosser Teil des zugeführten Eiweisses verwenden der Dünndarm und die Leber als Energiesubstrat und zur Synthese eigener Proteine und Enzyme.

Die Frage ist nun natürlich welche Menge man denn zu sich nehmen sollte, um den Muskelaufbau zu stimulieren. Wir schauen mal was die Wissenschaft dazu sagt:

Man hat herausgefunden, dass die Maximierung der Muskelproteinsynthese 15g essentieller Aminosäuren erfordert. Dazu kommt, dass die Aminosäure Leucin eine herausragende rolle spielt. Leucin stimuliert die Synthese von durch die Nahrung aufgenommenem Eiweiss zu körpereigenem Eiweiss.*

Von dieser Maximierungsmenge von 15g bestehen 3.2g aus Leucin. Daher ist es entscheidend zu schauen, welche Menge Leucin ein Nahrungsmittel enthält. Was wiederum bedeutet, dass die Leucinkonzentration vom Nahrungsmittel abhängig ist.

Eier haben beispielsweise einen Leucin Gehalt von 8.6%. Um die erfoerderlichen 3.2-4.4g Leucin daraus zu erhalten, wären rund 37g Eiweiss aus Eiern erforderlich. Dies wiederum würde einer Gesamtmenge von knapp 300g oder rund 5 Eiern entsprechen.

Angenommen wir erfüllen nun die Bedingung und nehmen die bedingte Menge einer Proteinquelle zu uns, um den Leucinbedarf zu decken, stellt sich immer noch die Frag, wie lange denn dieser Effekt anhält.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Dauer der Proteinsynthese nach einer Mahlzeit die Kohlenhydrate, Fette und Eiweisse beinhaltet rund drei Stunden anhält. Interessanterweise haben Bohe et al. Herausgefunden, dass die Proteinsynthese als Antwort auf eine Infusion mit essentiellen Aminosäuren ebenfalls nur zwei Stunden anhält.* Obwohl die Infusion sechs Stunden andauerte! Dies hat damit zu tun, dass die Aminosäurekonzentration bereits stark erhöht ist und eine gewisse Refraktärzeit besteht. Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Proteinsynthese in diesem Masse verlängert werden kann, wenn man nach 2 oder 3 Stunden die nächste Mahlzeit zu sich nimmt.

Will man nun die Proteinsynthese am besten beeinflussen, ist es aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoller, etwas länger zwischen den Mahlzeiten zu warten um den Muskelaufbau optimal zu beeinflussen.

*  – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16424142
* – Norton LE, Layman D (2006). Leucine regulates translation initiation of protein synthesis in skeletal msucel after exercise. J Nutr: S.533-537
* – Bohe J, Low JF, Wolfe RR, Rennie MJ. Latency and duration of stimulation of human muscle protein synthesis during continuous infusion of amino acids. J Physiol. 2001 Apr 15;532(Pt 2):575-9.

Solltest du Fragen zu diesem Thema haben, gehe bitte auf einen Trainer zu, er oder sie hilft dir gerne weiter.

Micha Häberlin