Thema des Monats Juli 2019

Gehirn

Bewegtes Gedächtnis

Schon im antiken Griechenland war bekannt, dass das Bewegen des Körpers für Bewegung im Gehirn sorgt: beim Philosophieren schlenderten Aristoteles und seine Schüler durch die Wandelhallen Athens und regten so Geist und Gehirn an.

Warum sorgt Bewegung für bessere Konzentration und ein besseres Gedächtnis?

Über dieses Warum zerbrechen sich die Wissenschaftler schon lange den Kopf.

Dass es so ist, steht ausser Frage. Beobachtet nur einmal kleine Kinder. Wenn sie sich äussern oder etwas erklären möchten, bewegt sich der ganze Körper. Alles agiert und kann nur so kreativ ausgedrückt werden.

Oder geht einmal ins Selbstexperiment: beim nächsten Merken von wichtigen Dingen könnt Ihr Euch einmal dabei bewegen und eventuell die Worte laut aussprechen. Oder vielleicht hat Ihr schon die Erfahrung gemacht, dass Telefonieren im Laufen sich viel besser anfühlt und der Geist dabei wacher und konzentrierter ist.

Nicht für umsonst wachsen auch in manchen Schulen sogenannte «bewegte» Unterrichte.

Klar ist, dass bei körperlicher Betätigung das Gehirn stärker durchblutet wird, so mehr Sauerstoff und Energie ins Gehirn gelangen können.
Experimente von Hirnforschern zeigen sogar auf, dass bei körperlicher Tätigkeit sogar noch weitaus mehr im Gehirn passiert: es erfolgt eine Aktivierung des motorischen Kortex (Steuerzentrale für Bewegungen und Koordination) und zugleich ein Herunterfahren des präfrontalen Kortex (logisches Denken und Planen). Dies ist vergleichbar mit einem Reset eines Computers, dessen Arbeitsspeicher überlastet ist. Mit dem Neustart können wir uns wieder besser konzentrieren und den Fokus unserer Aufmerksamkeit auf wichtige Dinge legen.

Damit der Kopf auch tatsächlich wieder frei wird, sollte nach Aussagen der Hirnforscher das körperliche Betätigen mit Freude verbunden sein und die Belastungsintensität weder als zu hoch noch als zu niedrig empfunden werden.

Auf jeden Fall beeinflusst regelmässige körperliche Aktivität unseren Hormonhaushalt dauerhaft: unser körpereigener Stimmungsaufheller, der Botenstoffes Dopamin, wird verlangsamt abgebaut. Dopamin wird auch für wichtige kognitive Prozesse im präfrontalen Kortex benötigt: Aufmerksamkeit, Konzentration und andere geistige Fähigkeiten lassen nach, sobald der Dopaminspiegel sinkt. Bei Menschen, bei denen genetisch bedingt das Dopamin rasch abgebaut wird, hilft Bewegung den Dopaminspiegel länger aufrechtzuerhalten und so depressive Stimmungen zu vermeiden.

Andere Forschungsergebnisse führten zu der Erkenntnis, dass Sport die Plastizität des Gehirns vergrössert, da bei körperlicher Betätigung Neurotrophine freigesetzt werden. Neutrophine sind Ausgangsstoffe zur Bildung von Nervenzellen. Ausserdem werden sie benötigt, um neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen zu knüpfen. Eines dieser Neutrophine ist das Eiweiss BDNF. Ist viel von diesem Eiweiss im Blut, ist auch der Hippocampus größer. Den Hippocampus brauchen wir, wenn wir lernen oder uns an etwas erinnern.

Das Gehirn kann also wachsen. Als Dünger braucht es Bewegung und Begeisterung.

Quelle: www.zeit.de Wundermittel Bewegung Seite 3/5: Positive Wirkungen für das Gehirn

Grit Eismann